„Sehr zufrieden“ – größtenteils

Im Kräftemessen mit den Weltbesten: Tino von Pritzbuer sieht die deutsche Mannschaft vor allem im Spiel mit dem Ball gereift. (Foto: Floorball Deutschland)

Im Kräftemessen mit den Weltbesten: Tino von Pritzbuer sieht die deutsche Mannschaft vor allem im Spiel mit dem Ball gereift. (Foto: Floorball Deutschland)

Floorball-WM: Fazit mit Tino von Pritzbuer

Kaufering – Die Floorball WM 2022 ist Geschichte. Nach Platz sechs für die deutsche Mannschaft zieht Verteidiger Tino von Pritzbuer, aus der Jugend der Red Hocks Kaufering stammend und jetzt beim UHC Waldkirch-St.Gallen in der Schweiz aktiv, kurz Bilanz. Wie er die Entwicklung der deutschen Mannschaft und seine eigenen Leistungen sieht, schildert der 26-Jährige im Interview.

Servus Tino! In drei Spielen – in der Vorrunde sowie in der Partie um Platz fünf gegen Lettland sowie im Platzierungsspiel gegen Norwegen – ging es gegen direkte Mitbewerber aus dem dicht gedrängten Feld hinter den Top Vier. Mit zwei Siegen ist die Bilanz hier positiv. Zufrieden? 

von Pritzbuer: „Mit diesen Ergebnissen können wir größtenteils sehr zufrieden sein. Abgesehen vom letzten Spiel um Platz fünf haben wir gezeigt, dass wir im letzten Jahr eine enorme Entwicklung im Spiel mit dem Ball gemacht haben. Das war definitiv der Schlüssel, um diese guten Ergebnisse erzielen zu können.“

Bei den Auftritten gegen die Schwergewichte Schweden (4:19), Tschechien (6:8) und Finnland (2:11) war von einer Auftaktklatsche über eine erstaunlich knappe Niederlage bis hin zum Viertelfinal-Aus in wohl standesgemäßer Höhe alles dabei. Deine Eindrücke hier? 

von Pritzbuer: „Die Ergebnisse in diesen Spielen waren allesamt so in Ordnung. Das Schwedenspiel hätten wir mit einer besseren Chancenauswertung im ersten Drittel deutlich besser gestalten können. Aber je größer der Torabstand wurde, desto besser wurden die Schweden. Ansonsten finde ich, dass man trotz den teils hohen Ergebnissen auch hier einen großen Fortschritt im Spiel mit Ball sehen konnte. Vier Tore gegen Schweden, sechs gegen Tschechien und zwei gegen Finnland – zwölf Tore in drei Spielen gegen die aktuell drei besten Nationen der Welt, diese Marke ist nicht so verkehrt. Mein eigenes Tor gegen Finnland bleibt mir da natürlich besonders im Gedächtnis. Ich finde aber auch, dass es sinnbildlich für unsere Entwicklung zeigt, dass wir deutlich selbstbewusster im Spiel mit Ball geworden sind und auch gegen solche Nationen Chancen herausspielen können.“

Weil die WM auch immer einen komprimierten Überblick gibt: Was sind so die Megatrends in der sportlichen Entwicklung? Gibt es da einen gemeinsamen Nenner? 

von Pritzbuer: „Ich würde nicht sagen, dass das ein Megatrend ist, aber die Abschlussqualitäten sind wohl von den Top Drei zu den anderen Nationen mit der größte Unterschied. Und das bezogen auf die Abschlussqualitäten auf engem Raum. Gut schießen können die Spieler aus allen Nationen. Aber so richtig gut aus dem Spiel heraus können es diese Top Drei mit Abstand am besten. Sobald man ihnen etwas zu viel Platz oder Zeit gibt, landet der Ball im Netz. Abgesehen von Tschechien liegt das meiner Meinung nach mit daran, dass die Finnen und Schweden auf einheitlichen Böden spielen, auf denen man besser schießen kann als auf deutschem Parkett oder auch dem zu klebrigen Hallenböden der Schweiz. Dieser Unterschied wurde mir auch nach der WM wieder direkt aufgezeigt, als ich ins Teamtraining mit WaSa (UHC Waldkirch-St.Gallen, d. Red.) gegangen bin. Der Ball läuft langsamer, dreht sich mehr in der Kelle... Man muss sich viel mehr auf Ballkontrolle konzentrieren und das Spiel fühlt sich weniger flüssig an.“

Wie sollte Deutschland darauf reagieren und wo sind gerade insgesamt unsere größten sportlichen Baustellen? 

von Pritzbuer: „Wie Deutschland darauf reagieren sollte ist noch schwierig zu sagen. Ich denke, es braucht eine langfristig Vision, wohin sich Floorball in Deutschland entwickeln soll. Alle Bundesligaspiele mit Live-Stream auf Gerflor-Boden in gefüllten Hallen. Ich denke, diese Vision auszuformulieren und den Floorballsport und die Bundesliga als ‚Produkt‘ zu vermarkten, das ist ein essenzieller Teil davon. So zu versuchen, dieses Produkt stets weiterzuentwickeln und attraktiver zu machen, bietet die Grundlage um auch die sportliche Entwicklung langfristig auf ein höheres Niveau zu heben.“

Welche Note würdest du dir persönlich für deine WM-Leistung geben und wieso? 

von Pritzbuer:  „Ich bewerte mich nur sehr ungern selber. Wenn ich müsste, würde ich mir über das ganze Turnier und unter allen Umständen gesehen eine 2+ geben. Da meine Teilnahme an der WM bis zum ersten Spiel verletzungsbedingt auf der Kippe stand, bin ich froh, überhaupt gespielt haben zu können. Mit meinen Leistungen auf dem Feld bin ich auch zufrieden, mal mehr, mal weniger. Aber alles in allem konnten wir als Mannschaft ein ganz anderes Gesicht zeigen, als an der WM zuvor. Das hebt natürlich auch meine persönliche Zufriedenheit. Was auch zu meinem positiven Empfinden beiträgt, sind die sehr guten Leistungen meiner Linie, in der ich als linker Verteidiger war. Wir haben ein gutes, schnelles und engagiertes Spiel mit und ohne Ball gezeigt. Und mit so Kombinationen wie gegen Lettland, Norwegen, Kanada und Finnland immer wieder für Hingucker sorgen können.“

Jetzt geht’s für dich in der Schweiz mit dem UHC Waldkirch-St. Gallen in der Lidl Unihockey Prime League (früher NLA) weiter. Wie ist die Lage? 

von Pritzbuer: „Mit WaSa stehen wir im Pokal und Ligabetrieb vor recht großen und spannenden Herausforderungen. Wir wurden bis zur WM-Unterbrechung unseren Ansprüchen noch nicht ganz gerecht und waren daher mit der Punkteausbeute unzufrieden. Wir haben bis dahin nicht die Qualität auf den Platz gebracht, die im Team steckt, konnten und können aber stets Fortschritte erzielen. Das Cup-Viertelfinale gegen Winterthur, das wir zum Wiedereinstieg gewonnen haben, und zehn Punkte aus den letzten vier Ligaspielen, waren schon mal wichtige Meilensteine für unsere weitere Saison.“

Quelle: FVB